Wahlwerbung durch Plakate ist trotz des immer bedeutsameren Kommunikationsvolumens im Internet weiterhin das Instrument mit der größten Reichweite im öffentlichen Raum. Im Jahr 2013 bestätigen 47 % der Wählerinnen und Wähler in Deutschland, dass Wahlplakate für sie der wichtigste Kontaktpunkt zum Wahlkampf seien. Plakate sind zudem die letzte Wahlwerbung, die Wählerinnen und Wähler auf dem Weg zum Wahllokal wahrnehmen: „Plakate treffen jeden” (Lessinger et al. 2015, S. 91).
Wahlplakate als politisches Werbemittel
Wahlplakate zeichnen sich durch die Kombination von visuellen und verbalen Informationen aus. Visuelle Informationen werden gewöhnlich schneller erfasst und bleiben länger in Erinnerung als verbale Informationen. In der Regel nutzen Parteien beide Wege der Wählermobilisierung in Kampagnen (vgl. Geise / Brettschneider 2010, S. 72). Auch in den Wahlkämpfen des Jahres 2019 (Europawahl, Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, Bürgerschaftswahl in Bremen) wird die Plakatwerbung neben der größtenteils viral-digitalen Werbung wieder eine große Bedeutung haben.
Wahlkämpfe und die Kampagnenstrategien der Parteien sind hoch komplexe politische Phänomene, deren unterrichtliche Erschließung einige Herausforderungen der didaktischen Reduktion birgt. Kampagnen sind als spezifische Kommunikationssituationen zu verstehen, die eine hochverdichtete wettbewerbliche Struktur haben. Wahlkampagnen haben Mobilisierungs- und Agendasetzungsfunktionen sowie Informations- und Primingfunktionen.
Priming bedeutet, dass die Betrachterinnen und Betrachter jene Kriterien zur Bewertung z. B. von Kandidatinnen und Kandidaten sowie Programmen am Ehesten heranziehen, die ihnen besonders leicht zugänglich gemacht werden. Vor allem für das Priming spielen Plakatkampagnen eine besondere Rolle, denn durch sie können die Kompetenzwahrnehmung von Kandidatinnen und Kandidaten oder die Bewertung von Themen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden (vgl. Geise 2011).
Didaktische Herangehensweise
Das folgende Unterrichtsvorhaben setzt sich mit der Mobilisierung und politischen Kommunikation durch Wahlplakate auseinander. Mit Hilfe der Wahlplakatanalyse können die Schülerinnen und Schüler exemplarisch erforschen, wie bildliche und verbale Mittel genutzt werden, um eine politische Botschaft zu präsentieren. Auf diesem Wege lernen sie zu entschlüsseln, auf welcher Ebene Parteien Wählerinnen und Wähler strategisch adressieren (kandidatenbasiert, themenbasiert, parteienbasiert).
Die Anbahnung einer Urteilskompetenz mit Blick auf das Handeln von Parteien in Wahlkämpfen ist zentral, da die visuelle Beeinflussung – vor allem auch im digitalen Raum – eine immer größere Reichweite hat. Hiermit forschend-analytisch und nicht nur emotional umgehen zu lernen, stärkt die Entwicklung der politischen Mündigkeit sowie die Wahrnehmung der Wahlen als eine bedeutsame Form der politischen Partizipation bei den jungen Bürgerinnen und Bürgern (vgl. Krebs / Szukala 2013).
Ausgangspunkt dieses Lernprozesses ist, durch die forschend-lernende Distanzierung, die Blickgewohnheiten auf Bildmittel im Wahlkampf zu ändern. Werden diese im Normalfall eher beiläufig und kurz beachtet, soll im Unterrichtsvorhaben ein wissenschaftsbasierter Fokus auf sie gerichtet werden. So können die Mittel, mit denen die Parteien ihre potenziellen Wählerinnen und Wähler mobilisieren und Kernbotschaften transportieren, am Beispiel der Plakatwerbung systematisch…