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Es ist Krieg!

Im Ethikunterricht über den Krieg sprechen: ein Unterrichtsbeitrag mit 3 Arbeitsblättern

Ausgehend von den aktuellen Zerstörungen in der Ukraine schlägt der Unterrichtsbeitrag den Bogen zu den Kriegen in unserer jüngeren Geschichte. Ein Gedicht von Erich Fried ermöglicht eine Auseinandersetzung mit dem Wesen des Kriegs.

25. Februar 2022: Krieg Russlands gegen die Ukraine. Ein Wohngebäude, das von einem feindlichen Flugzeug in der ukrainischen Hauptstadt Kiew beschädigt wurde. Copyright (c) 2022 Drop of Light/Shutterstock. No use without permission.
Thema Welt & Gesellschaft Autor/in Eva Müller Veröffentlicht 15.03.2022

Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin! So juxte die Friedensbewegung noch in den 1980er-Jahren. Am 24. Februar 2022 kam der Krieg zu uns – und die Menschen haben keine Option, außer vor ihm zu fliehen. Wer seither die Bilder und die Berichte des Krieges und der Flucht auf sich wirken lässt, ist schockiert. Und ich fühle mich an die zeitlose Trostlosigkeit des Kinderliedes „Maikäfer flieg“ erinnert.


Gefühle angesichts des Krieges
Maikäfer, flieg.
Der Vater ist im Krieg.
Die Mutter ist in Pommerland,
Pommerland i
st abgebrannt.
Maikäfer, flieg.

Der Maikäfer soll fliegen. Aber wohin? In den Krieg zum Vater? Ins Pommerland zur Mutter? Vergebens beides. Und wer ist das angesprochene „Du“? Ein Kind vielleicht, das elternlos verloren ist? Schutzlos, wie wir es alle sind, wenn wir unsere Nächsten verlieren?
Das Kinderlied selbst liefert keine direkten Antworten. Vielleicht antwortet es indirekt durch seine Melodie, die von einem Schlaflied („Schlaf Kindlein, schlaf“) übernommen ist, und in schauriger Weise den Albtraum Krieg aufnimmt. Vermutlich eignen sich diese Zeilen deshalb so gut dazu, Ängste und Gefühle, die Menschen mit Krieg verbinden, ins Bewusstsein zu rücken – auch mit Schülerinnen und Schüler (M1) und auch mit sehr jungen.

Was ist Krieg?

Dass auch mit Worten „Krieg“ gemacht wird, sieht man daran, dass es in Russland bei sehr hohen Strafen inzwischen verboten ist, für den Krieg in der Ukraine das Wort Krieg zu verwenden. Darüber berichten deutsche Tageszeitungen in den ersten Tagen des März, z. B. der Tagesspiegel
Die ersten beiden Abschnitte informieren ausreichend für eine Einstiegsdiskussion in der Klasse über das Verbot, die letztendlich hinführt zur Frage: Was wird als „Krieg“ bezeichnet? Basisinformationen können bei Hanisauland – Politik für dich abgerufen werden, bei der Begriffsklärung hilft M2 bzw.  M2_Loesung.

Wann ist Frieden?

Der Lyriker Erich Fried verfasste am Ende des letzten Weltkrieges ein genial einfaches, eindringliches Gedicht, das er 1945/46 als Neujahrskarte verschickte:

Ich bin der Sieg
mein Vater war der Krieg
der Friede ist mein lieber Sohn
der gleicht meinem Vater schon.

(Quelle: Erich Fried: Gesammelte Werke, Verlag Klaus Wagenbach, 1993, ISBN 978-3-8031-3571-1)


Um den Spruch für Schülerinnen und Schüler zu nutzen, werden die ersten drei Zeilen des Gedichts in  M3 vorgegeben, von der vierten Zeile jedoch nur das erste Wort. Die Schülerinnen und Schüler ergänzen das Fried-Gedicht mit ihren Vorstellungen zum Thema Frieden und tauschen sich über Merkmale dieses Zustandes aus. Allen ist vermutlich wichtig, dass es im Frieden keinen Krieg und keine – oder nur staatlich legitimierte – Gewalt gibt, um Konflikte zu lösen.
Unterfüttert werden können diese Gedanken durch den Artikel „Frieden bedeutet mehr als „Nicht-Krieg“, der auf Radio Bayern 2 / radioWissen / Ethik und Philosophie / Vom Ende aller Kriege, der von älteren Schülerinnen und Schüler (Sek II) online gelesen werden kann.
In der Regel sind die Schülerinnen und Schüler sehr überrascht, wenn sie Frieds Original („der gleicht meinem Vater schon“) lesen. In der Auseinandersetzung mit dieser pessimistischen Variante wird deutlich, dass Frieden kein einmal erreichter Zustand ist, sondern ein Prozess, der dauerhafte Anstrengung und Dialog fordert.

Und wir?

Zum Abschluss dieser Sequenz sollte über mögliche Hilfen in diesem Konflikt gesprochen werden. Am besten tragen die Schülerinnen und Schüler zusammen, welche Möglichkeiten sie kennen, und stellen sie in der Klasse vor. Die Lehrkraft sollte darauf achten, dass die Organisationen, die hinter den Hilfsmöglichkeiten stehen, seriös sind.
Jenseits davon sollten wir uns aber unsere Hilflosigkeit eingestehen und über unsere Ängste gemeinsam sprechen: Maikäfer, flieg!

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